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Treppenhäuser, die Zwote

Immer wieder überkommt mich ein leichtes Kribbeln, wenn ich auf meinen Touren die Klinken der  Eingangsportale alter Gebäude herunter drücke. Ist das Haus offen? Wie werde ich empfangen? Was für Eingangshallen und Treppenhäuser werde ich gleich sehen?

 

Die Eingangstür zum Sloman-Haus ist verschlossen... Ich sehe über dem Portal eine Video Kamera und fühle mich wie ein Einbrecher. Es kommt jemand, der Zutritt hat und auf meine höfliche Frage, ob er mich mit einlässt, kommt ein selbstverständliches "Ja, gerne" und der Hinweis, dass der Paternoster momentan leider nicht in Betrieb ist.

Neugierige Fotografen sind in diesem Haus anscheinend keine Seltenheit.

Beim Eintreten fühle ich mich sogleich in alte Zeiten zurück versetzt (oder besser: wie ich mir "alten Zeiten" vorstelle... :-) )

 

 

Mich wundert nicht mehr, dass ich wohl nicht die einzige Fotografin bin, die sich hier Zutritt verschaffen möchte:

Ich erblicke an der alten Pförtnerloge (die im übrigen nicht besetzt ist) ein Schild, dass im Rahmen eines Wettbewerbs der Hamburger Sparkasse und der Stiftung Denkmalpflege dieses Treppenhaus 1990 zum schönsten Treppenhaus Hamburgs gekürt wurde.

 

 

Das Slomanhaus wurde für die Reederei Sloman in zwei Abschnitten erbaut. Erster Abschnitt 1908- 1910 vom Architekten Martin Haller, der zweite Abschnitt am Steinhöft (in dem ich mich befinde) wurde 1921/22 von Fritz Höger (dem Architekten des Chile Hauses) erweitert und aufgestockt. Es war damals der größte Kontorhauskomplex am Hafenrand.

Der Paternoster, der wie oben beschrieben, gerade nicht in Betrieb ist, ist einer der wenigen funktionstüchtigen Paternoster der Stadt.

Ich muss auf jeden Fall also noch einmal wiederkommen: Zum einen, um Paternoster zu fahren, zum anderen, um das andere Treppenhaus, welches man vom Baumwall aus betreten kann, anzusehen. Vielleicht lässt mich dann ja auch wieder ein netter Mensch hinein.

 

 

Weiter gehts mit Treppenhaus- Erkundungstour.

Ich komme an einem großen alten Gebäude am Rödingsmarkt vorbei.

Ein blaues Schild, welches auf ein denkmalgeschütztes Gebäude Hamburgs hinweist, erklärt mir, dass es sich um die alte Oberfinanzdirektion Hamburgs handelt. Auf diesem Gelände befand sich seit dem 13. Jahrhundert das Heiligengeisthospital, in dem sich ab 1884 die Steuerverwaltung Hamburgs befand.

1907- 1910 wurde dieses Gebäude nach den Entwürfen  von Albert Erbe als neues Dienstgebäude der Steuerverwaltung erbaut.

2011 wurde das Gebäude zum Verkauf angeboten und ging dann in neue Hände über. Seit 2018 wird es nach langen, intensiven und kostspieligen Renovierungen als Hotel betrieben.

Beim Eintreten befinde ich mich in einer  äußerst schicken Eingangshalle.

Auch hier darf ich die imposante Architektur bewundern und  fotografieren. 

 

 

In direkter Nachbarschaft zur alten Oberfinanzdirektion befindet sich das alte Klöpperhaus.

 

 

 

Das Alte Klöpperhaus wurde 1902- 1904 von den Architekten Lundt + Kallmorgen als Kontor- Geschäfts- und Lagerhaus für das Wollhandelshaus Wilhelm Klöpper gebaut. Auch dieses Haus wurde, wie man auf den Fotos sehen kann, aufwändig restauriert. Adolf Klöpper, der Inhaber der Firma, ließ an der Mönckebergstraße übrigens ein weiteres (jüngeres) Klöpperhaus errichten. Das Warenhaus Kaufhof erwarb das (neue) Klöpperhaus 1965 in der Absicht, es abreißen zu lassen. Dies stieß auf heftigen Widerstand, so dass das Gebäude und die Fassade an der Mö erhalten blieb, allerdings innen zugunsten des Kaufhauses entkernt wurde.

 

Zu guter Letzt mache ich an diesem Tag einen Schlenker zum Gotenhof auf der Cremon- Halbinsel.

Es beherbergt das Statistische Landesamt Hamburg. Ich trete ein und erhalte vom Pförtner, der in seinem Glaskasten im Erdgeschoss sitzt, die Genehmigung zum Fotografieren.

Ich bin faul und nehme den Fahrstuhl nach oben, um dann lieber den Weg nach unten zu gehen.

 

 

Hier erwartet mich eine helle, luftige expressive Architektur.

Interessant finde ich den dreieckigen Austritt, der zackenartig aus jedem Geschoss ragt.

Neben dem Treppenhaus gehen Türen zu Fluren ab, die nach Behörde aussehen.

Beim Hinausgehen lese ich mir den Text zur Geschichte des Gotenhofes durch und auf unangenehme Weise werde ich an das dunkle Kapitel Hamburgs Vergangenheit aus dem dritten Reich erinnert.

Das im Jahre 1929- 1930 von der  "Gotenhof GmbH" ebaute Gebäude ging aufgrund der Wirtschaftskrise schon 1931 bei einer Zwangssteigerung über in die Hand der Stadt Hamburg.

Im Jahre 1931 zog neben dem statistischen Landesamt (welches heute immer noch dort ansässig ist!) auch die Jugendbehörde ein.

Die Jugendbehörde Hamburg traf im dritten Reich Entscheidungen, ob schwer erziehbare Jugendlichen in ein Jugend-KZ eingewiesen werden sollten oder auch, ob sie zwangssteriliert werden sollten. Paul Ellerhusen wird hier leitender Angestellter, nachdem er vom Konzentrationslager Fuhlsbüttel, wo er ein brutales Terrorsystem aufbaute, versetzt wurde.